Am
Samstag nach diesem ersten Gespräch trafen wir uns wieder. Zuerst
durfte jeder erzählen, was er an dem Tag alles gemacht hat, und wir
versuchten herauszufinden, wie oft dabei Medien genutzt wurden. Ich
hatte großes Papier und Edding da, und wir notierten eine ganze
Menge von Medien, die in unserem täglichen Ablauf zur Routine
geworden waren.
Joel
hatte einen Freund angerufen und dabei das Telefon genutzt. Nina
hatte ihm geholfen, mit dem Internet eine Busverbindung zu ihm zu
suchen. Dann hat Joel unterwegs einige Werbeplakate gesehen. Beim
Freund haben sie im Hintergrund Radio gehört, während sie zusammen
spielten. Nach dem Mittagessen gingen sie nach draußen und spielten
Ball, als plötzlich das Mobiltelefon des Freundes klingelte und die
Mutter sie zum Kuchen essen rief. Danach kam er wieder mit dem Bus
nach Hause.
In
diesem Stil hielten wir eine ganze Menge Medien fest, die jeder von
uns täglich oder zumindest sehr häufig nutzt. Dabei kam die Frage
auf, wie man Medien von anderen Werkzeugen unterscheiden kann. Wo
zieht man die Grenze? Die Frage wurde aufgeschrieben und wartete
darauf, in einem späteren Zug beantwortet zu werden. Dann überlegten
wir, wie wir weiter vorgehen wollten.
Zu
diesem Zweck teilten wir das Jahr in vier Teile ein, je etwa drei
Monate, in welchen wir uns einem Teilbereich widmen wollten. Den
ersten Teil widmeten wir der Geschichte der Medien und wichtigen
Personen, die etwas zu den Medien gesagt haben. Im zweiten Teil
wollten wir uns die einzelnen Medien genauer anschauen. In den
dritten drei Monaten sollte es darum gehen, den Fokus zu erweitern
und den Zusammenhang zwischen Medien, Kultur und Denken unserer Zeit
in den Blick zu nehmen, und im letzten Teil des Jahres ging es um
eine insbesondere christliche Medienethik, da wollten wir uns fragen,
was die Bibel dazu zu sagen hat und wie wir im Alltag ganz praktisch
damit umgehen können.
Gleichzeitig
sollte jeder von uns immer wieder festhalten, was uns im Alltag bei
der Mediennutzung auffällt, ob wir unser Verhalten von selbst
verändern, wenn wir bewusst über die Medien nachdenken. Ich nahm
mir vor, die Bibel noch einmal ganz vorne anzufangen und in diesem
Jahr so zu lesen, dass ich mir alles notieren kann, was in irgend
einer Weise mit Medien zu tun hat.
Wir
waren alle Feuer und Flamme. Doch dann stellte meine Frau die
entscheidende Frage: Was ist, wenn wir keine Zeit mehr finden? Was,
wenn einem von uns etwas zustößt? Oder wenn es uns allen zu viel
wird? Ihr (und insgeheim auch mir) war bewusst, dass ein Jahr lang
sein wird und dass der Moment bald kommt, in welchem sich die erste
Unlust einschleicht. Wir taten, was das Natürlichste ist: Wir
beteten darüber. Und dann nahmen wir uns vor, dass jeder von uns das
Recht bekommen soll, einander gegenseitig zu ermahnen, an diesem
Projekt dran zu bleiben.
Für
die erste Phase wurden nun die Aufgaben verteilt. Ich werde mich
nochmal weiter in das Werk von Marshall McLuhan einlesen. Da meine
Frau schon länger darüber nachdachte, Neil Postman zu lesen, um zu
sehen, ob sie das darin enthaltene Wissen für ihren Unterricht nutzen könne,
erklärte sie sich bereit, diesen Part zu übernehmen. Wir würden
von den beiden Autoren immer wieder neue Erkenntnisse miteinander
teilen; und auch Abschnitte suchen, die wir gemeinsam lesen konnten.
Nina
war schon lange eine „Leseratte“ und eigentlich recht schnell im
Verstehen. Aber so genau konnte ich ihr Wissen noch nicht ganz
einschätzen. So ließ ich im Wohnzimmer einen Stapel Bücher liegen
und erklärte beiden Kindern, dass diese Bücher zum Thema passen und
sie diese nutzen dürften. Gerne könnten sie auch in unseren
Gesprächen Abschnitte daraus einbringen; und was sie nicht gleich
verstünden, könne zusammen besprochen werden. So hatte jeder von
uns eine Aufgabe. Wir verabredeten uns für den nächsten
Dienstagabend mit einem offenen Programm. Jeder sollte sich einen
Gedanken (oder auch mehrere) zum Thema überlegen. Ich würde die
Struktur der Gespräche anzuleiten versuchen. Wir waren gespannt, was
daraus noch entstehen würde.